Eckernförde kannte ich bisher nur als Marinestützpunkt, auf dessen Schnellbooten mein Bruder seine Bundeswehrzeit verbracht hat. Nun erfahre ich, dass die Stadt mit dem Eichhörnchen im Wappen auch zu den populären Ostseebadeorten gehört. Beinahe hätte ich auch mehr als nur meine Füße ins Wasser eingetaucht.


Wie kommt der kleine rote Nager ins sprechende Wappen von Eckernförde? Manche sagen, das käme von den Früchten der Rotbuchen, die sich früher auf dem heutigen Gebiet der Stadt ausgebreitet haben. Und wo viele Bucheckern liegen, da tummeln sich auch Eichhörnchen. Oder die niedlichen Tiere, auf niederdeutsch Egern genannt, sind selbst der Grund. Jedenfalls gab es im Mittelalter hier so viele Bäume, dass die kleinen Akrobaten bis Kiel springen konnten, ohne den Boden zu berühren. Sagt man.

Wir haben das Wochenende bei Freunden in Lütjenburg verbracht und wollen nun die Gegend um die Schlei herum erkunden. Nach soviel Input zu Rollo und William in den Sommerferien bietet sich als Ergänzung ein Besuch im wikingerzeitlichen Handelsplatz bei Haithubu an. Auf dem Weg dorthin nehmen wir noch Eckernförde  mit (cool: der 360°-Rundgang der Stadt ).


Ein Stellplatz knapp zehn Minuten vom Strand entfernt

Diesen Ort kannte ich bisher nur als Marinestützpunkt und nun stehen wir in einem Ostseebad mit »medizinischen Einrichtungen zur Durchführung von Kurmaßnahmen« – und das bedeutet: Übernachtungsgäste zahlen 3 € Kurtaxe pro Tag. Dafür bekommen wir die Ostsee-Card. Wie so häufig bei Karten dieser Art sind damit verbunden Vergünstigungen bei »interessanten Freizeiteinrichtungen« und der öffentliche Nahverkehr in der Stadt ist kostenlos. Da sich der zentral liegende Stellplatz aber nur 10 Minuten von der Fußgängerzone entfernt befindet, bringt uns die Karte nicht viel. Zusammen mit der Stellplatzgebühr von 23 € müssen wir also knapp 30 € berappen – ein für unsere Gewohnheiten eher teures Vergnügen.

Am Strand

Und was kriegen wir dafür? Zunächst mal vier Kilometer Hauptstrand und einen Kilometer Südstrand, getrennt durch die wehrtechnische Dienststelle 71  der Bundeswehr. Direkt links neben der Dienststelle befindet sich der FKK-Strand. Deswegen wird dieser Abschnitt auf Nacktbaden.de  auch nur bedingt empfohlen, weil er vom Gelände der Dienststelle mehr als nur gut einsehbar ist«.

Apropos Nackbaden: der vom Stellplatz aus nächstliegende Zugang zum Strand liegt direkt neben dem Meerwellenbad . Wir gehen von dort ein Stück den Strand entlang und sehen zwei unbekleidete Nixen in die Ostsee waten. „Nanu“, denke ich, „der FKK-Strand ist doch meilenweit entfernt.“ Nicht das ich das so eng sehen würde, aber es ist doch ungewöhnlich hier quasi an der Strandpromenade von Eckerförde. Oder ist die Ostsee etwa das Abkühlbecken für die Saunagäste des Hallenbades? Wie eine spätere Recherche bestätigen wird, ist das tatsächlich so. Obwohl wir keine weiteren Badegäste sehen, spiele ich kurz mit dem Gedanken, später noch eine Runde im Meer zu drehen.

Etwas weiter den Strand entlang taucht eine weitere Nixe aus der Tiefe auf und das Gesicht des nackten Mannes daneben scheint auszudrücken: „Was für eine verkehrte Welt.“


“Schwimmübungen“ von Martin Wolke (2002)

Okay, die beiden sind aus Stein. Die riesige Meerjungfrau mit Fischschwanz taucht aus den Wogen eines Blumenbeets im Kurpark auf, während der Mann sie demonstrativ nicht beachtet. Doch obwohl er sich von der Verlockung abwendet, neigt sich sein Körper ihr zu. Und beim genauen Hinsehen fällt sogar auf, dass sie ihm buchstäblich den Kopf verdreht hat.


„Nixe“ von Eckhard Kowalke (1992)

Apropos Skulptur: Für alle Liebhaber von Stadtkunst hat Eckernförde noch einiges  zu bieten. Und die eigentliche Nixe  – für viele ein Wahrzeichen der Stadt – steht am Strand und ist aus Metall (mit Schwimmhäuten zwischen den „Fingern“). Eigentlich sollte diese Skulptur auch im Kurpark stehen, aber der Künstler bestimmte, dass Meereswesen ans Wasser gehören. In einem Text zur Skulptur habe ich gelesen: „Die vier Meter hohe Nixe strahlt Vitalität und Fruchtbarkeit aus.“ Wie kommt man nur auf sowas?

Stadt und Hafen


Frachtsegler und Fischerboote im Hafen

Wir gehen von der WTD 71 zurück – am leeren FKK-Strand, dem Hundestrand und Hallenbad vorbei – weiter zum Hafen. Ich liebe die Atmosphäre in solch kleinen Häfen mit ihren Fischerbooten und den „großen“ zwei- bis dreimastigen Frachtseglern. Aus meiner Schnellboot-Zeit in Kiel kenne ich die (Ost-)Seefahrt und so überfällt mich regelmäßig beim Anblick der Schiffe ein klein wenig die Sehnsucht nach einer Ausfahrt bei rauher See – am besten auf einem der mehrmastigen Segler, damit ich endlich mal die Funktion der vielen an Deck gespannten Taue verstehe. Mit Grausen erinnere ich mich aber auch an Phasen übler Seekrankheit, die bei jeder längeren Fahrt mit etwas mehr Wellengang erst zu überwinden war, bevor der Spaß begann. Vielleicht sollte ich es doch bei so supercoolen Fahrten wie letztes Jahr in Ditzum belassen.



Schmale Gassen und schöne Ecken abseits der Besucherströme

Die sehenswerte Fußgängerzone hält viele inhabergeführte Geschäfte für den typisch touristisch geprägten Bedarf bereit. Mode und Geschenkartikel sind dabei sicherlich Schwerpunkte und wie zu erwarten ist auch das gastronomische Angebot üppig. Wer aber auf seinem Weg durch die Zone einfach mal in die ein oder andere schmale Gasse einbiegt, der findet auch kaum aufgehübschte, enge Straßen und reizvolle, fast menschenleere Plätze gesäumt von kleinen „Fischerhäuschen“ mit Stockrosen als „Vorgarten“.

Ein Schaufensterbummel macht hungrig und so gehen wir zurück zum Hafen, um unseren Appetit auf Fischbrötchen zu stillen. Erschöpft lassen wir uns in einen Strandkorb vor der Capella fallen, einem zur Kombüse umgebauten Fischerboot am Kai, und erblicken … wieder eine Nixe. Nach längerer Beratung entscheiden wir uns für Backfisch und Flens. Ich betrete das Schiff und stehe in einen halbdunklen Gang mit einer Theke, von der aus – wohl noch aus Corona-Zeiten – eine Abdeckung aus Plexiglas bis zur Decke hinauf geht. Durch einen relativ kleinen Auschnitt darin blickt mich ein Mann wie aus einer Höhle erwartungsvoll an, bedauert nach meiner Bestellung aber: „Backfisch ist aus.“ Nachmittags um halb fünf? Okay, das Essen in dieser Bude mag vielleicht richtig gut sein, aber dem Outfit würde eine Aufheiterung schon gut tun – erst recht für so graue Herbsttage wie heute.


Hier am Hafen gibt es Fischbrötchen direkt vom Kutter

Wir ziehen weiter zum Restaurant „Mehrfisch“ an der Hafenspitze. Die haben auch Strandkörbe und wir finden dank des Wetters sogar noch einen freien. Eine freundliche Bedienung in einer hellen, frei einsehbaren Außer-Haus-Kombüse, das macht doch gleich einen anderen Eindruck. Und das Fischbrötchen ist auch superlecker. Allerdings – „irgendwas ist immer“ (Dank an Heinz für den neuen Beitrag zu meinem Sprüche-Vorrat) – ist die Panade des Backfisches bei uns ein kleines Stückchen länger wie der Fisch darin – also quasi mit Luftblasen an den Enden. Dadurch scheint die Brötcheneinlage natürlich ein bißchen länger. Wir fragen uns, wie man sowas hinbekommt.

Bad und Bier


Das Hotel auf dem Gelände der Siegfried-Werft: Hier soll es das berühmte Kakabellen-Bier geben

Wir sind in die falsche Richtung gefahren, denn das Wetter hier oben im Norden ist trübe und regnerisch (und wird auch weiter so bleiben). Südlich von unserer westfälischen Heimat läßt sich die Sonne gerade öfters blicken. Okay, ein Ostseebad bei trüben Wetter und eher kostspieligem Stellplatz ist nicht ganz so reizvoll und deshalb beschließen wir, nach zwei Übernachtungen nicht weiter zu verlängern.

Unser Stellplatz

OSM Google

Wohnmobilstellplatz »Am Noor«

Der Preis beträgt 23,00 € pro Übernachtung pro Wohnmobil, inklusive aller Personen. Im Preis enthalten ist die Nutzung der Toiletten und Duschen, WLAN und die Entsorgung (auch Grauwasser). Strom kostet 0,50 €/ kWh) und Frischwasser 1,00 €/100 Liter (nur Münzeinwurf).

Erwachsene zahlen Kurtaxe: Hauptsaison 3 € pro Tag (Nebensaison 2 €).

Bei einer Abreise nach 15.00 Uhr wird die kommende Nacht mit angerechnet. Bei Anreise vor 8:00 Uhr zählt der Vortag als Anreisetag.

Zahlungen erfolgen ausschließlich am Kassenautomaten über ec- und Kreditkarte.

Die sanitären Anlagen sind großzügig, sauber und eine Küche mit Backofen haben wir so auch noch nicht gesehen.

Weitere Infos 

Ich hätte mir noch gerne das Stadtmuseum im alten Rathaus angesehen und das Kakabelle-Bier wollte ich auch noch probieren. Wie das Bier zu seinem seltsamen Namen kam, berichtet ein Statthalter des dänischen Königs im 16. Jahrundert: „Eckernförde sei bekannt auch durch sein bekömmliches Bier. Man nennt es, dem Kardinal Raimund(us) Peraudi folgend, Cacabille, weil es nach seinen Worten – mit Verlaub – das Kacken angenehm macht. Er hatte es auf Italienisch Cacabelle genannt; daraus machten die Einwohner dann Cacabille.“ Gut zu wissen: Beim heute gebrauten, dem alten Rezept nachempfundenen Kakabellen-Bier wird kein schwefelhaltiges Wasser mehr verwendet, das die abführende Wirkung verursacht haben soll.

Wer sich bei den Marine-Standorten etwas auskennt, der wird bemerkt haben, dass mein Bruder nicht hier in Eckernförde gewesen sein kann, weil hier nie Schnellboote stationiert waren (sondern U-Boote). Irrtum meinerseits. Er war in Kappeln. Und das ist auch unser nächstes Ziel.