Jetzt sind wir an der Küste der Normandie. Le Treport liegt an der Mündung der Bresle und ist bekannt für seine vielen Fischrestaurants sowie die Nähe zur höchsten Kreidefelswand Europas. Und einen Aufzug zum Stellplatz haben wir auch noch nicht gehabt.

Über 120 Kilometer von Treport bis Le Havre ersteckt sich die Alabasterküste der Normandie – so genannt wegen der bis zu über 100 Meter hohen, alabasterfarbenen Steilklippen. Die heißen auch Kreidefelsen, weil sie aus sehr feinkörnigen, weißen oder hellgrauen Kalkstein bestehen, der hauptsächlich in der Kreidezeit (die Zeit der Dinosaurier) entstanden ist. Unsere Schreibkreide ist übrigens eine besonders weiche und hochporöse, mit einem Messer schneidbare Variante davon.


Die höchste Kreidefelswand Europas?

Beim Faktencheck für diesen Beitrag wollten wir natürlich wissen, wo hier die Kreidefelswand am höchsten ist. Dabei haben wir gelernt, dass es noch ein paar hohe Kreideklippen in Europa gibt (Møns Klint , Königsstuhl Rügen ). Wie dem auch sei – die Kreidefelswände in Treport gehören jedenfalls zu den höchsten Europas und so macht die Wand hinter der Stadt schon was her.

Unser erster Spaziergang führt die Treppe hinunter zum Leuchtturm. Es ist windig und die Wellen klatschen gegen die Kaimauer. Ich muss an einen Film (Frau des Leuchtturmwärters ) denken, aber ganz so schlimm ist es hier jetzt nicht – die Flut kommt ja gerade erst herein. Wir schlendern weiter durch das Hafengelände, über den Marktplatz und dann die nicht allzu lange Haupteinkaufsstraße entlang. Dort geniessen wir auch die ersten Crepes der Saison. Unser ohnehin spärliches Französisch ist noch etwas rostig, was die freundliche Bedienung veranlaßt zu sagen: „Je suis no anglaise, je suis francaise.“ Wer hätte das gedacht. Subtext? Schwer zu entziffern.


In zwei Minuten sind wir oben

Nicht das wir nicht auch die Treppe zurückgehen könnten, aber wir wollen mal den Schrägaufzug ausprobieren. Die Fahrt damit kostet nix, denn diese „Bahn“ wurde nicht für Touristen gebaut, sondern um den Bewohnern der Siedlung auf der Klippe einen mühelosen Zugang zur Stadt zu verschaffen. Ursprünglich war das anders: Ab Mitte des 19. Jahrhunderts entdeckten die reichen Pariser Bürger die Freuden des Strandurlaubs und ab 1872 ermöglichte die Eisenbahnlinie Paris-Le Tréport eine bequeme Anreise in nur drei Stunden. Schon um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert war oben eine Wohnsiedlung entstanden und 1908 wurde die Standseilbahn von der Unterstadt dorthin eröffnet.



Auf der anderen Seite der Hafeneinfahrt

Eine neue Stadt für den Tourismus sollte entstehen, doch dann machte der erste Weltkrieg alle Pläne zunichte und 1940 folgte die Besetzung durch Nazideutschland. Das Hotel „Trianon“ mit dem Panoramablick wurde von den Besatzern gesprengt und die Kahlburg  errichtet, ein im Rahmen des Atlantikwalls  in die Felsen getriebenes Stollensystem, das noch heute besichtigt werden kann. Nicht wenige Infotafeln weisen besonders auf diesen letzten Zeitabschnitt hin.



Das beste Beispiel von Belle-Epoque-Bauten an der französischen Küste

Unser zweiter Spaziergang führt auf der anderen Seite der Hafeneinfahrt zum Nachbarort Mers-Les-Bains – und der hat eindeutig die schönere Strandpromenade, geprägt von Merkmalen des Jugendstils und der Belle Epoque  mit Häusern, die gespickt sind mit Zinnen, Balkonen und Erkerfenstern. Mit der Anbindung an die Eisenbahn entwickelte sich hier ein beliebter Badeort und die dann gebauten Villas sind ein Beleg für die Explosion dekorativer Kunst zur vorletzten Jahrhundertwende. Die mehr als 300 Gebäude hier, einige davon außerordentliche Beispiele damaliger Handwerkskunst, sind die einzige Gruppe von Belle-Epoque-Bauten an der Küste Frankreichs.



Immer wieder schön zu sehen: Wassersportler und ihre Kunststücke

Wir gehen an den Strand, der wie in Treport aus Kieselsteinen besteht (Sand gibt es nur bei Ebbe). Die bis zu faustgroßen Steine klackern so schön, wenn sich das Wasser einer Welle zurückzieht. Die Wellen sind etwa 50 Zentimeter „hoch“, der Wind weht immer noch frisch und so haben sich einige Wassersportler eingefunden, die wir noch eine Weile beobachten, bevor wir uns auf den Rückweg zum Aufzug machen.


Entfernungen zu den nächsten Hauptstädten – aber was hat Hastings hier zu suchen?

Bei einem Spaziergang oben auf der Klippe kommen wir an einem Mast mit Kilometerangaben vorbei. „Okay“, denke ich, „wieder eins von diesen Schildern mit Luftlinienentfernungen zu den nächsten Hauptstädten“. Doch dann fällt mein Blick auf eines der Schilder, das nach Hastings zeigt. Hastings? Was soll das denn hier? Ich brauche ein paar Augenblicke bis ich realisiere: „Mensch, du bist in der Normandie.“ Und dann dauert es noch ein paar Minuten, dann habe ich die ganze Saga zusammen: vom Normannen Wilhelm, seinem Bruder Tostig, dem Dänenkönig Harald Hardrada, dem angelsächsischen König Englands Harold Godwinson samt der tragischen Ereignisse rund um die Schlacht bei Hastings im Jahre 1066. Und natürlich vom berühmten Wandteppich aus Bayeux, dessen Bilder diese Geschichte erzählen. Noch ahne ich nicht, dass wir in zwei Wochen genau vor diesem Werk stehen werden.

Unser Stellplatz

OSM Google

Aire de Services Camping-cars du Funiculaire

Wir haben 10€ für 24 Stunden bezahlt.

Der Platz ist zweigeteilt: Ein kleinerer Teil mit separater Schranke für 10 Fahrzeuge auf Asphalt und ein größerer mit Schotter bzw. Wiese als Untergrund. Wir haben den kleinen Platz gewählt, weil wir dort etwas mehr Natur im Blickfeld hatten.

Die Plätze haben keine Nummerschilderfassung, aber auf der Kassenquittung steht ein Code, der das kurzfristige Verlassen des Parkbereichs (zum Beispiel zum Ent-/Versorgen) vereinfacht.

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