Nach so viel Stadt und Kirchen endlich mal wieder mitten in der Natur. Nur ein Haus in der Nähe. Okay, ein berühmtes Haus mit über 500.000 Besuchern pro Jahr. Und ein großer Garten dahinter. Und ein kleines Dorf drumherum.

Der Mann soll es 1883 auf einer Forschungsreise entdeckt haben, als er im Zug von Vernon nach Gisors saß und aus dem Fenster blickte: Giverny. Regelrecht verliebt haben soll er sich in die Obstbäume um die „Maison du Pressoir“, das heute pinke Haus mit den grünen Fensterläden, welches für immer sein Schicksal bestimmten sollte.

Der Mann heißt Claude Monet  und sein Werk Impression — soleil levant  von 1872 gab einer neuen Stilrichtung der Malerei ihren Namen: Impressionismus . Marianne und ich haben ja nicht viel gemeinsam, aber die lichtdurchfluteten Bilder dieser Epoche mögen wir beide. Und wenn diese Malerei dann noch verstärkt ins Thema Garten hinein wirkt, wie das besonders bei Monet der Fall ist, dann ist meine Frau nicht mehr aufzuhalten. Und deshalb sind wir hier in Giverny. Wir wollen uns Monets Garten  ansehen sowie die impressionistischen Werke im Museum . Schon bei der Ankunft auf dem Park- bzw. Stellplatz am frühen Abend werden wir auf unser Thema eingestimmt. Wir stehen direkt neben einem riesigen Sonnenblumenfeld, vom dem das Bild oben nur etwa ein Viertel zeigt.

Auf der Webseite vom Garten wird dringend empfohlen, das Ticket online zu buchen, und dabei muss man auch gleich einen Zeitpunkt (ab 9.30 Uhr jede Stunde bis 16.30 Uhr) wählen. Wir entscheiden uns für 10.30 am nächsten Morgen (Samstag), weil wir denken, dass dann noch nicht soviel los ist (Haha). Das Ticket für das Museum buchen wir auch gleich (bei einem anderen Anbieter). Der Vorgang ist zunächst etwas irritierend, weil man dort die (eher kleine) Sonderausstellung mit/ohne Audioguide buchen muss und damit auch den Eintritt für die Dauerausstellung bezahlt.


Die alte Mühle auf der ehemaligen Brücke

Einen Bäcker haben wir in Giverny nicht entdeckt und so radele ich am nächsten Morgen ins 5 Kilometer entfernte Vernon. Das normannische Städtchen an der Seine hat einst Wikinger Rollo, der erste Herzog der Normandie, als befestigte Etappe auf dem Weg zwischen Rouen und Paris gegründet. Die heute berühmte Brücke, ein bekanntes Normandie-Motiv für Maler und Fotografen, wurde jedoch erst im Mittelalter gebaut, als Vernon seine Glanzzeit als Marktstadt hatte. Leider ist nur noch einer der Brückenbogen am rechten Ufer der Seine erhalten, auf dem sich recht malerisch die alte Mühle befindet, ein Fachwerkbau, der wohl einst als Zollhäuschen diente.



Monets Wassergarten

Nach dem Frühstück marschieren wir los. Es stehen schon drei Busse auf dem Parkplatz und wir überholen auf dem Weg auch einiges an Fußvolk, dessen Schwarmverhalten uns den Weg weist. Klar, wir sind hier nicht allein, aber die lebhafte Schlange am separaten Eingang für Ticket-Besitzer lässt eine Atmosphäre wie auf dem Jahrmarkt erwarten – und so kommt es auch.

Der Garten von Claude Monet besteht aus zwei Teilen: einem Blumengarten vor dem Haus und einem japanisch inspirierten Wassergarten auf der anderen Straßenseite. Wir gehen zuerst in den Wassergarten, dessen Teich mit seinen Seerosen und Holzbrücken oft verwendete Motive in Monets Bildern sind. Und der ist einfach schön – trotz der vielen Besucher und den damit verbundenen Staus auf schmalen Wegen. Der Wassergarten ist asymmetrisch und gebogen. Der Künstler war leidenschaftlicher Sammler japanischer Holzschnitte, und das spiegelt sich auch in der Anlage wieder. Noch nie zuvor hatte ein Maler die Natur organisiert, bevor er sie malte. So schuf Monet seine Werke zweimal, erst durch Pflanzen im Garten und dann mit Farben auf die Leinwand. Seine Nachbarn haben sich übrigens damals heftig gewehrt, als er begann zunächst eine kleinere Variante dieses Teiches auszugraben. Sie befürchteten, seine seltenen Pflanzen könnten das Wasser des durchfließenden Baches vergiften.



Der Garten hinter dem Haus

Wir gehen durch die Straßenunterführung hinüber in den Garten. Das Land dort ist in Blumenbeete unterteilt, in denen Blumenbüschel unterschiedlicher Höhe für Volumen sorgen. Obst- und Zierbäume dominieren die Kletterrosen, die langstieligen Stockrosen und die farbigen Beete einjähriger Blumen. Monet mischte einfache Pflanzen wie Gänseblümchen oder Mohnblumen mit seltenen Sorten. Er mochte keine organisierten oder eingeschränkten Gärten, sondern kombinierte Blüten nach ihren Farben und ließ sie frei wachsen.


Das lange Haus des Künstlers

Und dann das Haus , heute 50 Meter lang und 5 Meter tief, von Monet an beiden Enden erweitert und zum Atelier bzw. Zuhause einer großen Familie umgebaut – dieses Haus kann man auch besichtigen. Die lange Schlange am Eingang hält uns aber davon ab. Wir sind auch eher Fans seiner Produkte als seiner Person. Als Selfie-Standort sind der mittlere Eingang oder auch die Fenster natürlich erste Klasse. Im ehemaligen Atelier ist auch der (unvermeidliche) Shop, und hier findet sich auch ziemlich viel von dem was nur irgendeinen Bezug zu Monet oder Impressionismus hat.



Hier haben wir Künstler wie Wheeler, Boudin und Luce kennengelernt

Nach einer kurzen Mittagspause im Dicken ziehen wir los ins Museum. Bilder im Museum anschauen ist für uns so eine Sache – das kann schnell ermüdend werden. Im Musée des Beaux-Arts de Rouen  war das zuletzt vor einigen Tagen so. In Giverny ist das anders, denn der Rundgang ist zu Ende bevor sich Erschöpfung einstellt – das Angebot ist also überschaubar. Trotzdem lohnt sich ein Besuch und ich freue mich besonders über die augenblickliche Sonderausstellung zu einem meiner Lieblingsmaler: „Renoir in Guernsey, 1883“

Renoir in Guernsey, 1883

Rochers de Guernesey avec Personnages (Quelle: Wikipedia)

Im September 1883 blieb Pierre-Auguste Renoir etwas mehr als einen Monat in Guernsey. In dieser Zeit fertigte er etwa fünfzehn Gemälde an, oft von seinem Urlaubsort in Moulin-Huet aus. Die Serie von Ansichten von Guernsey, die für seine Landschaftsproduktion von grundlegender Bedeutung ist, zeugt auch von seiner ständigen Forschung über die menschliche Figur sowie ihre Integration in die natürliche Umgebung. Fasziniert vom kristallklaren Wasser und der steilen Topographie der Insel, aber auch von den Sitten der Bewohner, die frei in den Felsen badeten, entwickelte Renoir einen neuen Stil mit der englischen Freiheit als Quelle des Vergnügens und der Inspiration. Die Ausstellung vereint eine bedeutende Reihe von Werken von Renoir im Zusammenhang mit diesem Aufenthalt sowie Stiche, Fotografien und Dokumente, die die Atmosphäre der Insel zu dieser Zeit wiedergeben.

Quelle: Musée des impressionnismes Giverny

Ich habe bei meiner Online-Bestellung der Tickets den Audioguide nicht mit aufgenommen. Jetzt wo ich vor den Bildern stehe, möchte ich doch gern etwas mehr darüber erfahren. Also hole ich mir so eine Fernbedienung von der Kasse, über dessen Zifferntastatur sich ein bestimmtes Bild auswählen läßt – also keine Automatik wie in Bayeux. Diesen Guide gibt es allerdings nur in französisch und englisch, die Kommentare sind mitunter schnell gesprochen und er umfasst auch nur einen Teil der Bilder. Dennoch waren die 3 Euro eine gute Investition. Wir haben Künstler wie Wheeler (interessante Person  ), Boudin und Luce (siehe Bild) kennengelernt und auch Sisley hatten wir so noch nicht auf dem Schirm. Insgesamt eine schöne Ergänzung zum Vormittagsprogramm.

Und der kleine Garten vor dem Museum   ist auch sehenswert – in seiner Struktur und Ordnung der krasse Gegensatz zu dem von Monet. Die vielen Sitzgelegenheiten hier motivieren gerade zu Ruhe und Entspannung.


So wie diese sicher prächtige Variante sehen viele Häuser in Giverny aus

Und Giverny selbst? Wir haben ja nicht viel davon gesehen, aber bei einem unserer Spaziergänge habe ich gedacht: „Hier kann man ja nur Maler werden.“ Mehr Infos zu Monets Haus und Gärten sowie Giverny allgemein gibt es auf dieser Webseite .

Unser Stellplatz

 

Stellplatz neben dem Busparkplatz

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